Die chilenische Lithium-Wertschöpfungskette: Von der Sole zur Lithium-Ion-Batterie

Die chilenische Lithium-Wertschöpfungskette

Von der Sole zur Lithium-Ion-Batterie

Als Kernkomponente für die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien (LIB), welche sowohl in E-Autos als auch in elektrischen Geräten wie Mobiltelefonen oder Computern Verwendung finden, ist Lithium aktuell ein weltweit äußerst gefragter Rohstoff. Prognosen zufolge wird die Nachfrage für das Element in den kommenden Jahren stetig steigen – insbesondere, da ihm im Kontext der globalen Energiewende eine zentrale Rolle zugeschrieben wird. Initiativen wie der kürzlich verkündete Lithium Call des chilenischen Bergbauministeriums, der die Lithiumproduktion ankurbeln und neue Unternehmen anziehen soll, illustrieren zudem, welche Relevanz das Metall ebenfalls für Chile als Produktionsland hat.

Sophie Lampert, Praktikantin bei der AHK Chile

Auch im Rahmen meines Praktikums in der Marktberatungsabteilung der AHK Chile bin ich wiederholt auf das Thema Lithium gestoßen. Als ich damit begonnen habe, mich näher mit dem Sachgebiet auseinanderzusetzen, ist mir jedoch aufgefallen, dass genauere Informationen zur Lithium-Wertschöpfungskette sowie zu wichtigen Kernprozessen darin schwer zu finden und teils widersprüchlich sind. Diese Erkenntnis hat mich dazu veranlasst, genauer zu recherchieren, wie chilenisches Lithium aus der Salzsole in unsere Smartphones gelangt. Diesen Vorgang werde ich in diesem Artikel genauer beschreiben. Da innerhalb der Lithium-Wertschöpfungskette zahlreiche parallele Verlaufsstränge koexistieren, die den Rahmen dieses Artikels bei Weitem übersteigen würden, konzentriere ich mich im Folgenden auf eine vereinfachte Beschreibung der wichtigsten Prozesse innerhalb der chilenischen Lithium-Wertschöpfungskette bis hin zur LIB.

Wie der Großteil des weltweit produzierten Lithiums wird auch das Lithium in Chile aus Salzsolen im nördlichen Salar de Atacama gewonnen, der zum sogenannten Lithiumdreieck gehört (s. Abbilung).

Abbilung 1: Das Lithiumdreieck [Quelle: United States Geological Survey (2018 )in Maxwell & Mora (2020)]

Am Anfang eines jeden Bergbauprojekts steht die Exploration, bei welcher relevante Daten über die Lagerstätte erhoben werden. Der erste Hauptknoten der chilenischen Lithium-Wertschöpfungskette ist somit eine Ressourcenschätzung auf der Grundlage von Probenahmen, chemischen Analysen, Tests und Pilotanlagen. Diese wird häufig von kleineren ausländischen Unternehmen durchgeführt, indem Geologen eine potenzielle Lagerstätte genau analysieren. Wenn die Lagerstätte als geeignet zur Rohstoffgewinnung eingestuft wird, wird sie anschließend meist an größere Unternehmen weiterverkauft. Da dieser Prozess recht umfangreich ist, dauert die Exploration oft zwei bis drei Jahre, bevor weitere Aktionen durchgeführt werden können.

Der anschließende Extraktionsprozess beschreibt den Ressourcenabbau, welcher in Chile von Lithium-Bergbauunternehmen wie SQM (Chile) und Albemarle (USA) durchgeführt wird. Für die Gewinnung von Lithium aus Salzsolen gibt es eine Vielzahl an Methoden, wobei die Gewinnung durch Verdampfung und Ausfällung eine häufig beschriebene Vorgehensweise ist, die zwischen ein und zwei Jahre dauert. Hierfür wird die Kruste der Salzsole entweder aufgebrochen oder angebohrt, um die Sole von unterhalb der Salzseekruste in Verdunstungsteiche unter freiem Himmel zu pumpen. Im Laufe eines von Sonne und Wind angetriebenen Verdunstungsprozesses wird die Lithiumsole kondensiert und ihre Zusammensetzung verändert. Dieser Prozess, der als Verdampfungstechnologie bekannt ist, umschließt außerdem das schrittweise Verdampfen der nativen Sole und das Ausfällen von Salzen in verschiedenen Teichen, damit das Solevolumen beibehalten wird. Sobald die optimale Lithiumkonzentration erreicht ist, wird die konzentrierte Sole in eine Rückgewinnungsanlage gepumpt, um Verunreinigungen zu entfernen. Danach wird die Sole mit Natriumcarbonat behandelt, was zu einer Ausfällung von Lithiumcarbonat (Li2CO3) führt. Bei letzterem handelt es sich um ein weißes Pulver, das als ein wichtiges Zwischenprodukt im Lithiummarkt dient und in Salze, Chemikalien oder verarbeitetes Lithiummetall umgewandelt werden kann. Zusammen mit Lithiumhydroxid und Lithiumchlorid, anderen verarbeiteten Lithiumverbindungen, ist Lithiumcarbonat ein Hauptbestandteil der LIB-Produktion. Es dient als Vorläufer für Kathodenmaterialien, also der positiven Elektrode einer Batterie. Abbildung 2 zeigt eine detaillierte Darstellung der Lithiumgewinnung durch Verdampfungstechnologie. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Details dieses Prozesses von Anlage zu Anlage und werden von den jeweiligen Unternehmen nicht immer offengelegt

Abbildung 2: Lithiumabbau aus Salzlaken (Quelle: Flexer et al., 2018)

Die darauffolgenden Exportprozesse verbinden die in Chile anfallenden Stufen der Wertschöpfungskette mit denen im Ausland. Chile ist der weltweit größte Exporteur von Lithiumcarbonaten, welche es hauptsächlich nach Südkorea und Japan exportiert, gefolgt von China, Belgien und den USA. Im Gegensatz zu Lithium aus Hartgestein, welches beispielsweise in Australien vorkommt, kann Lithium aus Solen in Form von Lithiumcarbonat direkt in den Endmärkten verwendet werden.

Die Produktion von LIBs kann vereinfacht in drei Hauptschritte unterteilt werden. Im Rahmen des ersten Schritts, der Elektrodenfertigung, entstehen mehrere kleinere Elektrodenbänder, sogenannte Tochtercoils.

Für den nächsten Schritt, die Zellassemblierung, werden Anoden-, Kathoden-, und Separatorsheets aus dem Tochtercoil herausgetrennt. Anschließend werden die LIBs aus aktivem Kathoden- und Anodenmaterial, sowie aus einem Separator und anderen Komponenten zusammengesetzt und in Zylinder-, Quader-, oder Beutelform montiert, verschlossen, und mit Elektrolyt befüllt.

Zuletzt findet die Formation, der erste Lade- und Entladeprozess der Batteriezelle, statt. Hierbei bilden sich innerhalb der Zelle Gase, welche anschließend wieder abgesaugt werden. Als finaler Schritt hat das Aging das Ziel, zellinterne Kurzschlüsse festzustellen. Wenn sich die Zelleigenschaften innerhalb von zwei bis drei Wochen nicht signifikant verändern, ist die Zelle in Ordnung und kann in verschiedene Güteklassen eingeteilt werden.

In Südkorea und Japan als den führenden Ländern der Zellherstellung von LIBs innerhalb der chilenischen Lithium-Wertschöpfungskette betreiben Elektrogerätehersteller wie Panasonic, LG Chem und Samsung eine eigene Zellfertigung. Einige nachgelagerte Unternehmen wie zum Beispiel Automobilhersteller lagern die Zellproduktion jedoch auch aus oder nutzen Joint Ventures und Tochtergesellschaften. Darüber hinaus werden zunehmend auch neue Zellfertigungskapazitäten in Europa und speziell in Deutschland geschaffen. Bis zum Jahr 2030 werden in Europa Zellfertigungskapazitäten von 260 – 650 GWh erwartet, von denen Prognosen zufolge ca. 80 – 270 GWh auf Deutschland entfallen würden. Das entspräche 3-11 % der globalen Fertigungskapazität (Quelle: DERA, 2021).

Die durch den Produktionsprozess entstandene fertige LIB kann direkt in ihre Endanwendung eingesetzt werden. Abbildung 3 zeigt eine vereinfachte Darstellung der wichtigsten Knotenpunkte der hier beschriebenen chilenischen Lithium-Wertschöpfungskette.