Digitaler Bergbau: Globale Trends und Herausforderungen für Chile

Digitaler Bergbau: Globale Trends und Herausforderungen für Chile

Ist es möglich, eine moderne, digitalisierte Bergbauindustrie in Chile zu entwickeln, mit geschultem Personal im Umgang mit Management-Softwaresystemen und automatisierten Maschinen? Der erste Schritt in Richtung einer solchen Wirklichkeit besteht darin, den Bergbau als einen intelligenten und vernetzten Arbeitsbereich zu betrachten.

Iris Wunderlich, Project Leader Mining & Sustainability, AHK Chile

Laut Vanson Bourne, ein auf Technologie spezialisiertes Beratungsunternehmen, stimmen 70% der 100 größten Bergbauunternehmen weltweit darin überein, dass das Internet of Things (IoT) den notwendigen Wettbewerbsvorteil bietet, um neuen Szenarien und Entwicklungen zu begegnen.

Die Bezeichnung des rein extraktiven Bergbaus ist obsolet geworden. Die Rohstoffgewinnung aus komplexeren, abgelegenen oder tieferen Bergbaulagerstätten schafft neue Bedingungen und führt zu der Notwendigkeit, sichere, nachhaltige und kostengünstige Betriebsabläufe zu fördern.

Die kürzlich veröffentlichte Publikation Assessment of the Effects of Global Digitalization Trends on Sustainability in Mining* der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen zeigt auf, dass der Bergbausektor noch am Anfang eines digital vernetzten, datengesteuerten, autonomen und nachhaltigen Bergbaubetriebs steht.

Die Fortschritte sind beachtlich, aber im Bereich der Digitalisierung hinkt der Bergbau im Vergleich zu anderen Branchen immer noch hinterher, während die Bürger nachhaltigere Praktiken nicht erst morgen, sondern bereits heute fordern.

In der Realität sind die Digitalisierungstrends untrennbar mit Nachhaltigkeitsaspekten verbunden und insbesondere in den Bereichen Sicherheit, Prozessoptimierung und verbesserte Anlagennutzung identifiziert die Studie einen Zusammenhang. So könne die zunehmende Menge an Daten genutzt werden, um nicht nur die Produktivität zu steigern, sondern auch Nachhaltigkeitsaspekte auszuwerten und zu verbessern.

Weiterhin kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Digitalisierungstrends aufgrund geografischer, betrieblicher und methodischer Gegebenheiten weltweit nicht einheitlich voranschreiten, sondern dass es bisher vor allem die großen Unternehmen mit globaler Präsenz sind, die den Prozess vorantreiben.

Die aktuellen Trends zeigen, dass die Nachfrage nach Rohstoffen aus Ländern wie China, Russland, Indien und Brasilien steigt. Gleichzeitig befinden wir uns im Prozess der Dekarbonisierung der Wirtschaft, was die Verfügbarkeit von (bisher unersetzlichen) Metallen für die Herstellung von Solarpanelen, Windturbinen und Elektrofahrzeugen erfordert. Um in Sachen Nachhaltigkeit Fortschritte zu machen,  ist es von daher unerlässlich, dass auch der Bergbau sich weiterentwickelt.

Die Implementierung von cyber-physischen Systemen und Lösungen wie Cloud-Datenmanagement und die Installation von computergestützten Arbeitsprozessen erfordert mehr als nur die Verfügbarkeit von Ad-hoc-Technologie. Auch bei einem Treffen des German Mining Network wurden internationale Tendenzen und Sachverhalte wie die oben genannte Studie diskutiert, die verdeutlichen, dass die digitale Transformation des Bergbaus zu einem großen Teil von unserer Fähigkeit abhängen wird, die Industrie und deren Arbeiter darauf vorzubereiten.

Bereits 2019 berichtete der chilenische Mining Skills Council (Consejo de Competencias Mineras – CCM), dass Personal zur mechanischen Instandhaltung und Bedienung von mobilen und stationären Anlagen sowie Personen mit technologischem Fachwissen die von der Branche am meisten gefragten Profile sind. Das CCM schätzt außerdem, dass der lokale Bergbau bis 2028 rund 25.000 neue qualifizierte Arbeitskräfte benötigt.

Die nationale und internationale Bergbauindustrie befindet sich in einem Schlüsselmoment, der die Einführung von Technologien verknüpft mit deren Bedienung erfordert. Automatisierung, integrierte Plattformen, IoT, Simulationswerkzeuge, Fernsteuerung von Betriebszentralen, vernetzte Mitarbeiter und Cybersicherheit sind vorrangige Elemente.

Ihre Einbindung muss jedoch von kognitiven Prozessen begleitet werden und eine gemeinsame Arbeit sein sowie Instrumente wie E-Learning, duale Ausbildung und andere innovative Ausbildungsmodelle stärken. Zweifellos erfordert die Entwicklung des Bergbaus in Chile und der Welt eine Stärkung des Austauschs von guten Praktiken und Erfahrungen von Ländern wie Deutschland, welches seinerseits mit großem Interesse nach Chile blickt. Dies ist sowohl für zukünftige Investitionen als auch für die Umsetzung gemeinsamer Projekte relevant. Nun gilt es, vom digitalen Wandel ausgehend weiterzuarbeiten, um mehr Akteure im Bergbau, darunter auch KMU, zu motivieren, sich diesem Paradigmenwechsel so schnell wie möglich anzuschließen.

* Die Studie steht in englischer Sprache zum Download zur Verfügung:

Teil I der Studie gibt einen Überblick über die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bergbau- und Digitalisierungsprozessen (Bergwerk, Management, Führung). Darauf aufbauend liefert der Bericht eine konzeptionelle Bewertung dieser Trends im Hinblick auf soziale, ökonomische und ökologische Aspekte des Bergbaus.

Assessment of the effects of global digitalization trends on sustainability in mining – Part I: Digitalization processes in the mining industry in the context of sustainability

Teil II der Studie erweitert diese konzeptionelle Analyse und untersucht den Umsetzungsstand hinsichtlich digitaler Technologien und deren Auswirkung auf Nachhaltigkeitsaspekte basierend auf Interviews mit internationalen Experten aus dem Bergbausektor.

Assessment of the effects of global digitalization trends on sustainability in mining – Part II Evaluation of digitalization trends and theis effects on sustainability in the global mining sector