recomine – Das regionale Bündnis aus dem Erzgebirge entwickelt und testet ressourcenorientierte Umwelttechnologien für den Weltmarkt

Die Sanierung von Bergbaualtlasten ist eine Herausforderung für Bergbau- und Hüttenstandorte weltweit und häufig mit großen Risiken für die Umwelt verbunden. Im Erzgebirge hat das recomine-Bündnis einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, um die Beseitigung von Umweltbelastungen mit der Erschließung fein verteilter Rohstoffquellen zu kombinieren. Nachhaltige Lösungen werden in der Region entwickelt, getestet und in wirtschaftlich tragfähige Technologien für den Weltmarkt überführt.

Das Helholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie (HIF) hat das Bündnis mitinitiiert und übernimmt dessen Koordination. Bündniskoordinator Philipp Büttner erzählt uns mehr von dem innovativen Charakter des Netzwerks und seiner Bedeutung für den chilenischen Bergbau.

[Eco Mining Concepts]: Herr Büttner, das HIF koordiniert das Projekt recomine. Was verbirgt sich hinter dem Projekt, welche Akteure sind daran beteiligt und welche Ziele verfolgt es?

Philipp Büttner, Bündniskoordinator recomine

[Philipp Büttner]: Das recomine-Bündnis ist ein regionales Netzwerk von Institutionen, Firmen und Akteuren aus dem Bereich Ressourcentechnologie, Umwelttechnologie, Industrie 4.0 und Gesellschaft. Die Partner in recomine verfügen über umfassendes Know-how in diesen Bereichen und arbeiten an neuen ganzheitlichen Lösungen im Umgang mit Bergbaualtlasten, die zum Ziel haben, die darin verbliebenen Rohstoffe zu gewinnen, die Schadstoffe zu extrahieren und das verbliebene Material sinnvoll zu nutzen. Dabei sollen auch die gesellschaftlichen Fragestellungen, die es bei Bergbaualtlasten in Kulturlandschaften gibt, eine Rolle spielen. Gefördert wird das Bündnis vom Bundesministerium für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland mit bis zu 15 Mio. Euro. In dem Bündnis soll das Know-how im Bergbau und der Sanierungstechnologie, welches sich in der Bergbauregion Erzgebirge seit Jahrhunderten entwickelt hat, zusammengeführt und mithilfe der Digitalisierung auf ein neues Level gehoben werden. Die Bündnispartner bewerben sich dabei mit ihren innovativen Projektideen auf Fördermittel. Die besten Projekte werden dann in recomine umgesetzt und anschließend zu Produkten und Dienstleistungen für den Weltmarkt weiterentwickelt.

[Eco Mining Concepts]: Vor dem Hintergrund der Rohstoffknappheit wird die Relevanz der Wiederaufbereitung von Bergbaurückständen seit Jahren thematisiert, einige Verfahrensansätze und Technologielösungen sind bereits entwickelt. Was ist das Neue und Einzigartige an recomine?

[Philipp Büttner]: Auch in Deutschland werden seit Jahren Bergbaualtlasten z.B. Tailings unter die Lupe genommen. Allerdings ist es bisher so, dass man entweder nur Rohstoffe gewinnen oder nur die Schadstoffemissionen aus den Halden stoppen wollte. recomine bringt die Ansätze zusammen und entwickelt Konzepte, die beides gleichzeitig realisieren, d.h. auch eine Verwertung des Reststoffs zum Ziel haben.

Darüber hinaus arbeitet das Netzwerk auch an den gesellschaftlichen Fragen zum Umgang mit diesen Altlasten. Wie können z.B. Naturschutz und Denkmalschutz eingehalten werden, wenn die technischen Lösungen installiert werden? Wie viele Halden lassen sich tatsächlich zur Rohstoffgewinnung erschließen? Wie kann man verbleibendes Haldenmaterial möglichst schnell wieder in die Kulturlandschaft integrieren? Außerdem ist das Erzgebirge seit kurzer Zeit UNESCO Weltkulturerbe. Da kommen zusätzliche Fragestellungen auf, z.B: Wie kann ein alter stark schwermetallbelasteter Hüttenstandort bewahrt, gereinigt und weiter genutzt werden? Die gesellschaftlichen Fragestellungen rund um Halden gehören zu einer ganzheitlichen Betrachtung dazu. Denn dort wo Altlasten sind, gibt es auch immer Menschen, Tiere und Pflanzen, die davon beeinträchtigt werden. Diese müssen mit einbezogen werden, nur dann gelingt es, eine langfristige gesellschaftliche Akzeptanz für Bergbau zu erzeugen.

[Eco Mining Concepts]: Wie gewährleistet recomine, dass aus dem Wissenspool und der Konzeptentwicklung marktreife Technologien entstehen, die einsetzbar und auch international attraktiv sind?

[Philipp Büttner]: Wir arbeiten nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch, und zwar an echten Bergbauhalden, Grubenentwässern und Schlackehalden. Es handelt sich hierbei um Altlastenstandorte aus dem Bergbau der 90er Jahre, die uns als offene Reallabore zur Verfügung stehen. An diesen sogenannten Entwicklungsstandorten testen wir unsere Projektideen und entwickeln diese weiter bis hin zu fertigen, einsatzfähigen Technologien, die sich unter realen Bedingungen beweisen müssen, bevor sie an den Markt gehen. Unsere Kunden können sich die Technologien bei uns anschauen und sich davon überzeugen, dass sie auch funktionieren. Das schafft das Vertrauen in neue und innovative Lösungen, die so auf der Welt noch nie zur Anwendung kamen und baut die Hürden beim Markteintritt ab. Dadurch minimieren wir das Risiko, dass die Technologie unter realen Bedingungen nicht wie geplant funktioniert. Der Anreiz für die Bergbauindustrie besteht darin, dass sich unsere Technologien ganzheitlich mit den Altlasten befassen. So liefern unsere innovativen Lösungen nicht nur Rohstoffe, sondern beseitigen gleichzeitig Umweltprobleme, generieren sauberes Wasser, was in Prozessen recycled werden kann, oder liefern Ersatzbaustoffe und verringern so die Volumina großer Halden. Dabei setzen wir auch stark auf die Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bietet, um möglichst kosteneffizient zu arbeiten.

[Eco Mining Concepts]: Welche Bedeutung hat recomine für die chilenische Bergbauindustrie?

 [Philipp Büttner]: Chile verfügt über sehr große Bergbauhalden, die zum Teil ähnliche Umweltprobleme mit sich bringen wie die Halden im Erzgebirge, die aber auch ein erhebliches Ressourcenpotential aufweisen. Einige Technologien, die in recomine entwickelt werden, lassen sich sehr gut auf Material aus Chile anwenden. Das Material unserer Altlastenstandorte ist zum Teil sehr ähnlich zu dem Haldenmaterial aus Chile, weshalb eine Übertragbarkeit sehr gut möglich ist.

recomine hat sich bei der BHP Tailings Challenge mit einem Konzept beworben und wurde zusammen mit 9 weiteren Teams aus 153 Bewerbern ausgewählt, um das Konzept weiterzuentwickeln. Dies spricht für das Interesse und den Bedarf an unseren Technologien im modernen Bergbau in Südamerika.

[Eco Mining Concepts]: Wo steht das Projekt aktuell und wie geht es in 2021 weiter?

[Philipp Büttner]: Wir sind jetzt seit etwa 1,5 Jahren aktiv und haben bereits 8 innovative Projektskizzen ausgewählt, die wir in den nächsten drei Jahren auf unseren Entwicklungsstandorten realisieren wollen. Dabei arbeiten wir an mobilen Biolaugungsvefahren, Geoploymeren, neuen Membran- und Filtertechnologien, Sensorennetzwerke für Grubenwässer, effektiven und kostengünstigen Haldenerkundungsmethoden nach internationalen Ressourcencodes (JORC, PERC) oder technischen Haldenrückbaukonzepten, inklusive Lithium Gewinnung. Die ausgewählten Projektideen erhalten im Jahr 2021 ihre Förderung und unsere Bündnispartner werden erste Anlagen auf den Entwicklungsstandorten errichten und erste Ergebnisse aus Experimenten erhalten. Das wird ein spannendes Jahr für uns. Wir sind nun in einer Phase, in der sich die Ideen unter realen Bedingungen beweisen müssen. Wir sind guter Dinge, dass uns das auch gelingen wird, denn wir haben starke Partner und innovative Lösungsansätze. Besuchen Sie gern unsere Website www.recomine.net, auf der Sie alle Infos zu den laufenden und neuen Projekten in Deutsch und Englisch erhalten werden.

[Eco Mining Concepts]: Vielen Dank für diese interessanten Einblicke, Herr Büttner. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für diese anstehende Projektphase und werden die Entwicklungen gespannt aus Chile mitverfolgen.